Da meine geliebte Enfield auf Grund eines Herzfehlers (Kolbenklemmer) ja nun seit über einer Woche vorübergehend in der Werkstatt wohnhaft ist und mir der Daumen allzusehr juckte, habe ich bei eBay für kleines Geld eine sehr gut erhaltene MZ ETZ 250 ersteigert. Für exakt 251,– Euro konnte ich die Maschine gestern in Empfang nehmen und ich muss ehrlich gestehen: Ich bin begeistert.
Da ich bisher nur 50 cm³ Zweitakter gefahren bin (Simson Spatz/S51/Schwalbe), war die Leistung des 250 cm³ und 19 PS (gedrosselte Version, offen: 21 PS) starken Zweitakters der ETZ eine wirkliche Überraschung für mich. Kurzum: Das Teil geht für meinen Geschmack richtig gut ab. Trotz der geringeren PS Zahl ist der Anzug stärker als bei meiner Bullet. Zweitakter eben. Und das bei sehr niedrigen Unterhaltskosten.
Während der gestrigen Fahrt von Gelsenkirchen zurück nach Dortmund, habe ich ein wenig über die Vor- und Nachteile von Zwei- und Viertaktmotoren nachgedacht, eben weil mich die Leistung der ETZ so überrascht hat.
Ich denke die Unterschiede der Prinzipien dürften klar sein: Ein Zweitakt Motor benötigt für eine vollständige Drehung der Kurbelwelle lediglich 2 Takte, was bedeutet, dass pro Umdrehung der Kurbelwelle eine Zündung erfolgt. Der Viertaktmotor hingegen zündet nur bei jeder zweiten Umdrehung der Kurbelwelle.
Größter Vorteil des Zweitaktprinzips ist in meinen Augen, dass der Motor weniger mechanische Bauteile besitzt und dadurch sehr robust und Wartungsarm ist. Zudem ist die Leistungsausbeute besser. Vorteil des Viertaktprinzips ist, dass Abgase und Kraftstoffgemisch von einander getrennt sind und dadurch eine effizientere Verbrennung erreicht wird, was sich in besseren Abgas und Verbrauchswerten niederschlägt.
Das zu den rein technischen Vor- und Nachteilen, aber wie sieht das in der Praxis aus?
Größter Unterschied in der Praxis ist wohl, dass ein Zweitakter mit einem Benzin und Öl Gemisch betankt wird, da Zweitaktmotoren mit Gemischschmierung arbeiten. Ein Viertakter hingegen wird permanent geschmiert. Und hier wird oft Kritik am Zweitakter geübt: Durch die Verbrennung von Benzin/Öl Gemisch und durch die Vermischung von Abgas und Frischgas, ist die Verbrennung unsauberer und die Abgase schädlich für die Umwelt. Aber, ist das wirklich so?
Alle modernen Zweitaktmotoren arbeiten mit der Umkehrspülung, welche eine Vermischung von Ab- und Frischgas weitgehend vermeidet. Es wird also nicht mehr, wie es bei frühen Zweitaktmotoren der Fall war, unverbranntes Frischgas durch den Auspuff gejagt. Stickoxyde und CO2 werden von zweigetakteten Motoren in geringerem Maß ausgestoßen, als bei Viertaktmotoren. Einziges Problem sind unverbrannte Kohlenwasserstoffe (das ist die besondere “Duftmarke” eines Zweitakters), die bei der Ölverbrennung entstehen. Aber auch dies relativiert sich, wenn ein biologisch abbaubares Zweitaktöl beigemischt wird. Und wen der Geruch nervt, der kann ja Zweitaktöl mit Erdbeerduft zukippen.
Und die Sache mit dem Öl? Es wird von Zweitaktgegnern ja immer so getan, als ob ein Viertakter kein Öl verbrauchen würde. Natürlich verbrennt ein Viertakter gar kein oder nur sehr wenig Öl, aber das Öl will gewechselt und anschließend entsorgt werden. Als Beispiel seien die Ölwechselintervalle eine Honda Dominator 650 (Einzylinder Viertaktmotor) angeführt: Alle 3000 Kilometer 2,5 Liter Motoröl. Eine ETZ verbraucht 4 bis 5 Liter Treibstoff auf 100 Kilometer. Da 1:50 Gemisch gefahren wird, ergeben sich bei einem Verbrauch von 5 Liter/100 Km auf 3000 Kilometer hochgerechnet 3 Liter Öl, die beigemischt werden müssen. Soviel mehr ist das nun wirklich nicht, und die Altölentsorgung läuft “vollautomatisch”, nämlich durch die Verbrennung. Mit hochwertigen Zweitaktölen, kann übrigens auch ein Mischverhältnis von 1:100 gefahren werden, was das Argument des “hohen Ölverbrauchs bei Zweitaktern” noch weiter relativiert.
Mein persönliches Fazit:
Zweitakter sind gar nicht so schlecht und umweltschädigend, wie des öfteren gern behauptet wird. Zudem sind sie wesentlich wartungsärmer, was für ein Zweitmotorrad ja ein nicht gerade unwichtiger Aspekt ist.
Ich freue mich, dass ich nun beide Motortypen “im Stall” habe. Und das Beste überhaupt: Der Spaß hat mich nur 251,– Euro gekostet. Zur Nachahmung empfohlen!
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12 Antworten
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29 Jun 2006 um 12:48
“Geiles Teil!” Glückwunsch! 🙂
Gibt’s an den Tanken eigentlich noch überall Gemisch zu kaufen?
Die Mühle sieht ja echt noch gut aus – die Satteltaschen kommmen aber ab, oder?
29 Jun 2006 um 13:01
Ja, ein absolutes Schnäppchen – Glück gehabt.
Leider gibt’s an immer weniger Tanken Gemisch zu kaufen, aber ich misch sowieso selbst mit einem guten Zweitaktöl von Castrol… muss man halt immer ein wenig Kopfrechnen, aber so schlimm ist das ja nicht.
Die Satteltaschen lasse ich dran, weil: “Form folgt Funktion”… muss nicht schön aussehen, dafür kann man aber auch mal nen Sixpack transportieren! 😉
Naja… was ich aber auf jeden Fall noch ändern werde ist die Farbe vom Tank. Mattschwarz, oder gleich mit Fell bekleben… mal sehen, vielleicht wird es eine Rattenemme! 😀
Marc
29 Jun 2006 um 14:19
hauptsache .. es ist wieder ein eintopf !!
2-takt, 4-takt .. egal .. solange ueberhaupt was taktet.
so long
rgt
29 Jun 2006 um 14:36
Die Beschleunigung ist vermutlich nicht nur wegen des anderen Motor-Arbeitsprinzips besser als bei der Bullet, sondern wegen des geringeren Fahrzeuggewichts! Probier mal eine Rotax-MZ, die kann es auch mit vier Takten noch ein wenig besser …
Stets unfallfreie Fahrt wünscht
Andilescu
29 Jun 2006 um 15:03
Im Vergleich zur Bullet ist mir folgendes aufgefallen: Die Bullet beschleunigt wesentlich konstanter. Der Beschleunigungsvorgang läuft sehr ruhig ab, und ab einer gewissen Drehzahl gibt’s nochmal einen leichten Schub.
Bei der ETZ passiert unten rum nicht viel, aber so ab 3500 U/min geht’s dann recht heftig los.
Dieses Phänomen ist denke ich Bauartbedingt.
Zumal die Bullet leer etwa 180 Kg wiegt… also so viel mehr ist es nicht.
06 Jul 2006 um 16:07
Verständnisfrage bzgl. der Ölverbrauch-Vergleichs: auch bei einem Zweitakter müßte doch regelmäßig ein Ölwechsel anstehen (Schmierung der Kurbelwelle, usw). Da mein letzter Zweitakter zwei Jahrzehnte zurück liegt, ist meine Erinnerung hier sehr dünn.
06 Jul 2006 um 16:23
Zweitakter und Viertakter sind auch hier unterschiedlich. Beim Viertakter wird das Kolbenpleul und die Kurbelwelle z.B. durch einen Ölsumpf geschmiert, was beim Zweitakter nicht der Fall ist. Auch diese Stelle wird beim Zweitakter durch die Gemischschmierung mit Öl versorgt. Der Zweitakter hat aber, genau wie der Viertakter natürlich Getriebeöl, das regelmäßig geprüft und gewechselt werden will. Bei einer MZ ist der Wechsel des Getriebeöls alle 20.000 Km vorgesehen, bei Viertaktern wird es (je nach Getriebetyp) ähnlich sein, da das Getriebe ja von der Motorschmierung getrennt ist und hier auch ein anderes Öl verwendet wird. Bei der Schmierung des Primärtriebs wird es sich denke ich auch gleich verhalten.
Hier ist übrigens auch ein technischer Schwachpunkt bei den Zweitaktern (zumindest bei den Ostfeilen): Wenn die Dichtung an der Kurbelwelle zwischen Primärkasten und Kurbelwellengehäuse den Geist aufgibt, tritt Primäröl / Getriebeöl (je nach Bausweise) in das Kurbelwellengehäuse ein. Die Folge ist, dass der Ölanteil im Gemisch zu hoch wird und z.B. die Kerze verkokt.
Ich hoffe ich konnte deine Frage damit beantworten! 🙂
Gruß,
Marc
12 Okt 2006 um 13:24
Moin
Fahre auch ne Emme und bin sehr zufrieden mit dem Teil
Hole sie immer für den Winter raus. Ist bei allen Temperaturen absolut zuverlässig.
Die Bremsen sind gewöhnungsbedürftig. Bild davon ist auf meiner Page
Gruß
Günther
12 Okt 2006 um 18:43
Hallo Günther,
schön Teil, und im Winter ist so ein Beiwagen sehr praktisch.
Ich bin mit meinen Bremsen allerdings sehr zufrieden, aber möglicherweise liegt das auch daran, das ich noch nicht in den Genuss von Scheibenbremsen gekommen bin.
Gruß,
Marc
09 Jan 2008 um 11:00
Ja, schöne Sache. Ob eine ETZ aber als pseudo Crosser herhalten sollte?
In Sachen Zweitakt – ja, umweltunfreundlich müssen die sicher nicht sein!
Ist aber auch nicht unbedingt vom 2T Öl abhängig, sondern vom “Frischgasverlust”, also dem unverbrannten Kraftstoff der austritt. Mit einfachen Hilfsmitteln, z.B. Ansaugschwingkammer, läßt sich dies drastisch reduzieren. Dazu noch rel. geringe Schmierung (1:100-300) und die “normalen” 4-Takter sind auch nicht mehr besser.
Schön das du es ähnlich siehst.
Die Politik hat leider keine Ahnung und die Forschung beim 4-Takter hat ~50 Jahre Vorsprung. Daher behauptet jeder der 2-Takter ließe sich nicht verändern oder die Entwicklung wäre zu teuer, alles Quatsch. Visionen muß man verfolgen um was zu ändern!
25 Apr 2008 um 19:23
Beim Viertakter-Motorrad gibt’s normalerweise kein Getriebeöl, das ist Motoröl. Ditto für die Kupplung. Fast 1 Liter Ölverbrauch auf 1000 km ist ganz ordentlich für ne Honda… Meine NTV braucht nix 🙂 Einfach alle 2 Jahre wechseln, und Ruhe ist.
Schade, dass die Kohlenwasserstoffe beim Zweitakter den sinnvollen Einsatz eines Katalysators verhindern. Das ist der Grund, warum quasi kein Zweitakt-Motorrad Euro 3 schafft und warum es seit 2007 eigentlich nur noch die Aprilia RS125 mit Zweitakter neu gibt. Die hat jetzt ein Sekundärluftsystem was wohl dem Motor wohl nicht sooo gut tut und nebenbei auch noch 23 statt 30 PS.
In meinem Fuhrpark gibt’s noch nen 2 Takt 50er Roller, der macht schon Laune auf den Kurzstrecken, für die mir das Motorrad zu schade ist.
26 Apr 2008 um 12:51
Das mit dem Getriebeöl stimmt nicht ganz, es gibt auch noch Motoren, bei denen Motor und Getriebe getrennt sind. Sie sind zwar selten geworden, aber bei getrenntem Getriebe und Motor wird das Getriebe natürlich nicht mit über das Motorenöl versorgt.
Allerdings ist das halt wirklich sehr selten… bei einem modernen Viertaktmotor wird sich sowas nicht mehr finden.