Anreisetag
Irgendwie bin ich immer schrecklich müde, wenn ich auf Tour gehe. Nach dem spannenden Spiel von Deutschland gegen Portugal war ich so aufgedreht, dass ich erst spät und womöglich auch mit einem Bier zuviel ins Bett gekommen bin. Der Wecker am heutigen Freitag Morgen respektiert diesen Umstand allerdings nur wenig bis gar nicht, zeigt keine Gnade und reißt mich um sieben aus dem eher unruhigen Schlaf. “Keine Kopfschmerzen”, denke ich erfreut, “wenigstens bleibt mir das erspart”.
Ich komme nur langsam in die Gänge, vermutlich auch, weil ich weiß, dass ich viel Zeit habe, um von Dortmund nach Solingen zum “Royal Enfield Foren- und Bulettenputztreffen 2008″ zu fahren, das Sven mit einigen weiteren Teilnehmern des Enfield Forums organisiert hat. Es sind nur knapp 70 Kilometer – fast langweilig, also gehe ich den Morgen langsam an, trinke mit Steffi Kaffee und als sie zur Arbeit fährt höre ich erstmal noch ein wenig Musik. Dann schwinge ich mich auf die Yamaha und fahre nach Dortmund zu meiner Wohnung, doch vorher fahre ich noch bei der Post vorbei – meine neue Speicherkarte für mein Mobiltelefon abholen. Ich will ja auf dem Treffen auch einige Fotos machen. Mit dem neuen Telefon und der 3,2 Megapixel Kamera eröffnen sich da ganz neue Möglichkeiten, da muss einfach eine 1 Gigabyte Speicherkarte her.
In meiner Wohnung angekommen gehe ich die Route nochmal durch, surfe noch ein wenig durchs Internet und gehe schließlich duschen. Gemächlich ziehe ich mir die Motorradklamotten an, belade die Enfield und tuckere kurz nach 13 Uhr los. Bereits in Dortmund stelle ich fest, dass die von mir geplante Route und meine Bummeligkeit am Morgen eine schlechte Kombination ist. Die Straßen sind verstopft, der Verkehr fließt einfach nicht, und ich habe mich bei der Routenplanung auch noch dazu entschieden durch große Städte zu fahren. Die Zeit die ich benötige, das Dortmunder Stadtgebiet über Landstraße Richtung Hagen zu verlassen zieht sich wie Kaugummi und bis ich Herdecke erreiche vergeht einige Zeit. Ich biege ab und fahre erst durch Herdecke und dann am Harkortsee entlang Richtung Wetter. Kurz hinter Wetter bekomme ich zum ersten Mal endlich das Gefühl auf der Landstraße und unterwegs zu sein. Kein lästiges Stop-and-go mehr, kein aufreibendes hin und her Geschalte zwischen dem dritten und dem vierten Gang. Ein nutzbarer fünfter Gang, wie schön.
Ich ertappe mich dabei, wie ich im Kopf diese Zeilen bereits schreibe. So ist es immer auf der Landstraße. Zeit nachzudenken, aber auch Zeit nicht nachzudenken, ganz wie gewünscht. Motorradfahren als Kreativitätsquell, warum auch nicht? Andere haben ihre besten Ideen auf dem Scheißhaus, da finde ich den Motorradsattel der Enfield als Inspirationsquell doch irgendwie positiver besetzt.
Doch das Landstraßengefühl verschwindet schnell wieder, als ich mich im Stadtgebiet von Wuppertal wiederfinde. Jetzt heißt es erneut den linken Fuß im zähen Freitagnachmittag Stadtverkehr zu trainieren. Und Wuppertal zieht sich. Zu allem Übel verfahre ich mich auch noch, oder besser gesagt: Verlasse mich auf die Schilder und fahre über Remscheid Richtung Solingen. Was für ein Umweg und Remscheid bedeutet wieder nervenaufreibender Stadtverkehr. Nur ein kurzes Stück Landstraße wird mir noch gegönnt, dann erreiche ich Solingen.
Den Treffpunkt finde ich ohne Probleme, muss aber nochmal drehen, weil ich das Haus auf der anderen Straßenseite vermutet hatte. Dieters Pfiffe machen mich auf meinen Fehler aufmerksam und schon rolle ich auf den Hof. Ein herrlicher Anblick offenbart sich, es sind schon ungefähr 10 Enfields vor Ort, die auf dem Parkplatz vor dem “Zentrum für Behinderte Menschen und ihre Freunde der Stadt Solingen” in Reih und Glied spalier stehen. Ich stelle meine dicke Inderin dazu und werde freundlich begrüßt.
Sven, der Ausrichter des Treffens, führt mich herum und zeigt mir die Einrichtung, die für ein Motorradtreffen sehr gut geeignet ist. Es gibt einen kleinen Garten für die Camper, einige Räume, wo auf Luftmatratzen geschlafen werden kann, einen Frühstücksraum, getrennte Toiletten, eine Dusche und eine Industrieküche mit Kühlanlagen. Außerdem ist das Gebäude klimatisiert, was auch kein Nachteil ist.
Da ich nur mit leichtem Gepäck reisen wollte, habe ich nur meine Luftmatratze und den Schlafsack dabei. Schnell finde ich ein Plätzchen im Schlafraum, danach trinke ich erstmal einen Kaffee, rauche ein paar Zigaretten, quatsche ein wenig und schaue mir die anderen Enfields genauer an. Sind wirklich schöne Maschinen dabei, aber mir wird mal wieder klar: Jede Enfield ist ein Unikat und so ist jede Enfield für sich auch eine Schönheit, denn diese liegt ja bekanntlich immer im Auge des Besitzers.
Über den restlichen Nachmittag treffen immer mehr Maschinen ein, langsam füllt sich der Parkplatz vor dem Gebäude und als alle erwarteten Personen eingetrudelt sind, begrüßt uns Sven offiziell, erzählt ein wenig über den geplanten Verlauf der nächsten zwei Tage und danach wird das 20 Liter Fass Kölsch fachgerecht angestochen. Zum Stangenpils wird ein hervorragendes Chili gereicht und nach dem gemeinschaftlichen Abendessen gehen wir zum Klönen über.
Ich stehe draußen bei den Maschinen, als plötzlich eine schwarze Yamaha Fazer auf den Hof fährt. Eine junge Frau steigt ab und zeigt sich begeistert von den Enfields. Ich unterhalte mich ein wenig mit ihr, erzähle einige Dinge über Enfield und biete ihr an mal probezusitzen. Das Angebot nimmt sie dankbar lächelnd an und steigt auf meine Ennie. “Och, ist das toll”, sagt sie und erzählt, dass sie mit ihrer Fazer nicht so wirklich zufrieden ist und das sie die Enfields wirklich schön findet. Solche Aussagen gehen einem Enfieldfahrer natürlich runter wie 20W50.
Nach einigen weiteren interessanten und lustigen Gesprächen ist um zwei Uhr das Fass leer, also gehe ich ins Bett, wird schließlich anstrengend morgen und auszuschlafen wird auch nicht möglich sein.
Der Samstag Morgen
Sieben Uhr, ich wache auf und um mich herum herrscht bereits eine hektische Betriebsamkeit. Da wird in Tüten und Taschen nach Dingen gesucht, es wird gelacht und gescherzt. Noch ziemlich müde versuche ich meinen Blutdruck auf Trab zu bringen, damit ich aufstehen kann. Nach einem einige Minuten lang andauerndem Kampf gelingt es mir, aber ohne Umschweife stürze ich mich Richtung Küche, mein Körper schreit nach Koffein. Ein leichter Kopfschmerz malträtiert meinen Schädel, muss wohl am Kölsch liegen. Obwohl: Irgendwie bin ich von dem Zeug gar nicht betrunken geworden – und es ist nicht so, als hätte ich wenig getrunken – aber scheinbar läuft Kölsch so schnell wieder unten raus, wie es oben reingeschüttet wird. Egal, geschmeckt hat es trotzdem.
Nach einem reichhaltigen gemeinsamen Frühstück und anschließender kurzer Ruhephase wird per Beamer die geplante Tour präsentiert, die Haltepunkte vorgestellt, allgemeine Hinweise zum Fahren und zu kritischen Stellen gegeben. Sehr schöne Sache so eine Präsentation mit dem Beamer. Alle sind ausreichend informiert, und wissen was auf sie zu kommt. Nicht ganz unwichtig, da wir mit fast 30 Enfields fahren werden. Es wird eine lange und laute Schlange von hübschen Motorrädern.
Die Ausfahrt
Gegen 11 Uhr bollern wir los und stehen nun erstmal der Situation gegenüber, mit einer großen Gruppe die Stadt zu verlassen. Nicht ganz ohne, aber dank der Präsentation sind wir alle gut vorbereitet und meistern diese erste Hürde problemlos. Dann geht es raus auf die Dörfer, Landstraße pur, aber leider müssen wir mit sehr niedriger Geschwindigkeit fahren. Ich komme nichtmal in den Fünften, aber bei einer so großen Gruppe muss einfach langsam gefahren werden, denn wenn der Erste den Letzten nicht mehr sieht, kann es schnell passieren, dass die Gruppe getrennt wird. Da ich an zweiter Position fahre, ist das für mich sehr gut nachvollziehbar.
Nach einigen schönen Landstraßenstrecken mit netten Kurven und dem für das bergische Land typischen auf und nieder, erreichen wir unser erstes Ziel, den Altenberger Dom. Auf dem üppigen Besucherparkplatz ist genügend Platz, um die Enfields zu parken. Zeit für eine erste Zählung: 27 Enfields und ihre Fahrerinnen (Doris und Johanna) und Fahrer (der schmutzige Rest) haben an diesem Tag zusammengefunden. Für ein privat organisiertes Treffen eine reife Leistung.
Einige pausieren bei den Maschinen, doch ich setzte mich mit den Anderen in Bewegung, um den Dom aus der Nähe zu betrachten. Ein wirklich schönes Gebäude, hervorragend restauriert und sogar eine Hochzeitsgesellschaft ist heute vorort. Wir scherzen, dass die Braut gerettet werden müsste und vor dem Hintergrund meiner eigenen Erfahrungen mit dem Heiraten, habe ich wirklich kurz das Verlangen laut herauszuschreien “Tu’s nicht” – aber es kann natürlich auch alles gut gehen. Trotzdem bleibe ich dabei: Der Hauptgrund für Ehescheidungen sind Hochzeiten. Ob ich mich noch mal traue? Ich denke nicht, aber wissen kann ich natürlich nicht genau. Die Zukunft ist wie Frühstücksfleisch: Keine Ahnung was drin ist.
Wir beobachten das Spektakel aus der Ferne, irgendwie bereitet mir der Anblick schmerzliche Erinnerungen, aber ich wische sie fort, der Tag ist zu vielversprechend, als das ich mir meine Laune vermiesen lasse. Nach einiger Zeit schlendern wir zurück auf den Parkplatz, sitzen auf und fahren weiter.
Ich fahre nun an vierter Position hinter Dieter und nach einigen Kilometern wird mir klar: Verdammt nochmal, ich brauche so einen Auspuff. Die kurze, ziemlich offene Zigarre macht einen irren Sound. Tief, sonor, laut. Eigentlich habe ich ja für laute Endtöpfe nichts übrig. Eigentlich – aber das Teil klingt einfach super und es ist ein Genuss hinter Dieter zu fahren, denn bei jedem Öffnen des Schiebers ertönt ein wahres Gewitter. An einer Ampel habe ich dann ein weiteres Schlüsselerlebnis: Selbst wenn ich noch zwei Meter hinter Dieter stehe flattert meine Hose, wenn er Gas gibt. Ich brauche so einen Auspuff, unbedingt!
Der nächste Stopp ist bei einer Eisenbahnbrücke, die ein tiefes Tal überbrückt. Das Interessante an der Brücke, sie ist eine reine Stahlkonstruktion, wohl die größte ihrer Art in Deutschland. Nach einer kurzen Erholungsphase laufen wir zur Brücke und wie praktisch – es gibt eine kleine kioskartige Gaststätte. Ich kaufe mir ein Eis und was Süßes und setze mich in die Sonne, während die Anderen näher zur Brücke gehen, um diese genauer zu betrachten. Bis jetzt haben wir richtig Glück mit dem Wetter gehabt. Waren die Prognosen doch am Vortag wirklich nicht vielversprechend, aber pünktlich zur Ausfahrt hatte der Wettergott ein Einsehen. Wenn es einen Wettergott gibt, dann fährt er offensichtlich Enfield.
Nach dieser Verschnaufpause schlendern wir zurück zum Parkplatz, wo Sven uns vor die Wahl stellt: Café Hubraum, oder nach Wuppertal zur Schwebebahn. Erstaunlicherweise entscheiden sich grob geschätzt 98% der Fahrerinnen und Fahrer für das Café Hubraum, einer der bekanntesten Motorradtreffs in Nordrhein-Westfalen. Nur wenige, soweit ich mich erinnere drei Fahrer, wollen mit der Schwebebahn fahren. Kurzum wird die Gruppe geteilt, und wir rauschen los.
Dann passiert es das erste Mal: Die Gruppe wird getrennt. Als sich die Möglichkeit bietet halten wir sofort an und warten, doch längere Zeit passiert nichts. Haben die eine Abbiegung verpasst und sich verfahren? Jemand fährt zurück, um zu schauen was los ist. Kurze Zeit später dann die Nachricht: Der Brontosaurus, das dieselig Urgetüm auf Ural Basis, hat ein technisches Problem – der Hinterreifen hat Luft verloren. Also erstmal zur Tankstelle und Luft nachfüllen. Nach einiger Zeit rauschen die Zurückgebliebenen dann mitsamt dem Brontosaurus Gespann an und es geht weiter. Das Tempo ist inzwischen etwas angehoben worden, ich kann sogar einmal für kurze Zeit in den fünften Gang schalten. Aber auch wenn wir nicht schnell fahren: Das Fahren in der Gruppe macht trotzdem sehr viel Spaß. Für uns Enfieldfahrer ist es eben ein recht seltenes Ereignis mit anderen Enfields zusammen zu fahren. Mit einer Kayahosu ist sowas deutlich einfacher.
Nach kurzer Fahrt erspähen wir hinter einer Kurve dann plötzlich das Café Hubraum. Sehr schön gemacht: Vor dem Lokal gibt es eine Art Boxengasse, in die wir fahren und rechts und links nach Parkplätzen suchen. Die erstaunten Gesichter der anderen Motorradfahrer vor Ort muss ich wohl nicht näher beschreiben. Wenn über 20 Enfields und ein Brontosaurus angebollert kommen, ist das einfach ein visuelles, akustisches und aufgrund der Diesel sicherlich auch ein olfaktorisch beeindruckendes Erlebnis.
Wir setzen uns, ich hol mir aber erstmal Pommes Schranke und eine Cola. Das Café Hubraum ist eine wirklich schöne Lokalität, mit Biergarten, direkt an einem kleinen Fluß gelegen. Es geht relativ ruhig zu und die Preise sind auch noch akzeptabel. Zwar etwas höher, als ich es von anderen Treffs kenne (Tasse Kaffee 1,80 Euro, wtf?), aber die durchaus sehr gute Ausstattung rechtfertigt den Preis.
Nachdem wir uns einige Zeit ausgeruht haben, ist plötzlich ein sich näherndes nagelndes Geräusch zu vernehmen: Ganz klar ein Hatz Diesel. Die leuchtend Rote Sommer Enfield hält in der Boxengasse und ein uns noch Unbekannter gesellt sich zu uns. Wieder eine Maschine mehr.
Nach etwa einer Stunde beschließen wir, den Rückweg anzugehen und besteigen wieder unsere Motorräder. Natürlich wieder eine riesen Show für alle Anwesenden. Die Rückfahrt zur Unterkunft gestaltet sich dann noch als etwas nervenaufreibend, das Navigationssystem des Vorrausfahrenden will uns unbedingt durch die Solinger Fußgängerzone leiten. Dabei weiß ich doch die ganze Zeit, wie wir fahren müssen, bin ich doch über genau die Strecke am Freitag zum Treffpunkt gegondelt – aber ich kann mir in der leichten Hektik nicht genug Gehör verschaffen. Schlussendlich lässt sich das Navigationssystem aber doch wieder dazu überreden, nicht durch die Fußgängerzone fahren zu wollen und wir finden den Weg zurück.
Auf dem Gelände angekommen dann erstmal ein kleiner Schreck, es hat einen Auffahrunfall bei zwei Dieselfahrern gegeben. Das hintere Schutzblech, der im Café Hubraum dazugestoßenen roten Hatz Enfield ist leicht verbogen, die Rücklichthalterung nicht mehr ganz fest und das Nummernschild beschädigt. Es ist wohl bei einem Ampelstopp passiert. Nicht wirklich schlimm, wofür gibt’s schließlich Versicherungen, aber doch schon irgendwie ärgerlich. Mit ein wenig Hilfe und Werkzeug wird die rote Hatz so gut es geht wieder hergerichtet und der Besitzer rauscht kurz darauf von dannen.
Das Grillen
Als ich den Ölstand meiner Inderin kontrolliere, bekomme ich einen Schock. Durch das langsame Fahren ist der ganze Ölmessstab mit Nivea, dieser ekeligen weißen Öl-Wasser-Emulsion, beschmiert, ich habe also mal wieder jede Menge Wasser im Öl. Am Abend vorher hatte ich noch mit Bulli darüber gesprochen, jetzt kann ich nicht anders und setzte es gleich in die Tat um. Vorerst provisorisch baue ich die Entlüftung und Rückführung des Öltanks um.
Also raus mit dem Töpfchen hinter dem Seitenkasten, dass die aus der Entlüftung austretenden Öldämpfe auffängt und über den Rücklauf wieder in den Ölkreislauf zurückführt. Genau dieses Töpfchen ist nämlich das Problem: Das Öl vermischt sich mit Kondenswasser, es bildet sich Nivea, das lustig und ohne Scham zurück in den Ölkreislauf fließt. Das das auf Dauer nicht gesund sein kann ist klar. Also raus mit dem Geraffel, alle Schläuche ab und das schon wieder zu ein Drittel gefüllte Töpfchen geleert. Ist ja auch erst 3 Monate her, seit ich die letzte Leerung vorgenommen habe. Dann überlege ich mir, wie ich vorgehe: Ich verschließe erstmal nur den Rücklauf, so dass die Niveapampe aus dem Töpfchen nicht mehr in den Ölkreislauf fließt, sondern auf den Kettenschutz. Ich nehme aus meinem Bordwerkzeug eine alte Glühbirne, die ich durch Zufall noch nicht weggeworfen hatte, entferne den Glaskörper, so dass nur die Metallfassung übrig bleibt und stülpe diese über das Schlauchende des Rücklaufs. Passt perfekt. Gewebeklebeband fixiert und dichtet das Ganze dann ab. Danach baue ich den Topf wieder ein und hoffe auf eine gute und niveafreie Zukunft.
Gerade als ich fertig bin schaut Sven vorbei und bittet mich doch zum Grillen hinter das Haus zu kommen. Als ich mich umschaue bemerke ich, dass ich der einzige bin, der noch am Schrauben ist. Während ich meine Ölrückführung umgebaut habe, wurden übrigens eine Kette nachgespannt und eine Vorderradbremse wieder gängiger gemacht. So ist das eben mit der Enfield. Durch die vielen Kleinigkeiten, die es zu beachten und zu lernen gilt, erlangt dieses Motorrad eine eigene Seele und einen Platz tief im Herzen der Fahrerinnen und Fahrer. Meine XJ ist ein tolles Motorrad, fährt gut, ist schnell, bequem und praktisch, aber die Enfield ist mir einfach noch die Liebste, weil sie mir vorgaukelt mehr als ein Motorrad zu sein – und ich lasse mir, zumindest von ihr, wirklich gerne etwas vormachen.
Aber erstmal etwas essen, Fleisch und Beilagen sind reichlich vorhanden, dazu gibt es wieder Kölsch vom Fass. Nach vollzogener Nahrungsaufnahme sitzen wir dann gemütlich beisammen und genießen die Abendsonne. Die Reihen lichten sich alsbald, viele sind wieder nach vorne zu den Enfields gegangen, um dort Blech und Benzin zu quatschen.
Dann werden die Verbliebenen, zu denen auch ich zähle, nach vorne gerufen und siehe da: Die Taurette wurde auf sehr interessante Art und Weise optisch getuned (siehe Bild). Die armen Dieseltreiber müssen schon ein ganz schön dickes Fell mitbringen: Ständig wird über Geruchsbelästigung und Langsamkeit gefrozelt, aber über diesen Witz musste auch der Besitzer der Taurette – wie auch wir alle – herzhaft lachen.
Astrid, die Fahrerin der Yamaha Fazer vom Vortag ist auch wieder da und wir quatschen noch eine Runde über Gott und die Welt. Das ist das schöne an Motorradtreffen: Neue Leute, neue Eindrücke, zumeist offene Menschen mit gleichen Interessen. Ich werde es nie bereuen mich zum Motorradfahren entschieden zu haben. Es bereichert mein Leben.
Das zweite Fass ist irgendwann leer und langsam wird es Zeit ins Bett zu gehen. Nach einem anstrengendem, und auch wunderschönem Tag haue ich mich hin, höre noch ein wenig Musik, schlafe dann aber ziemlich schnell ein.
Die Rückreise
Am nächsten Morgen erwache ich erneut in bereits betriebssamem Gewusel der Anderen. Ich bin ziemlich platt und brauche einige Zeit, bis ich aufstehen kann. Ziemlich fertig von drei Tagen Schlafentzug schleiche ich in die Küche, shit kein Kaffee. Aber die nächste Kanne läuft bereits. Na dann erstmal eine rauchen. Irgendwann ist der Kaffee fertig und ich schütte mir schnell zwei Tassen in den Kopf. Langsam wird es besser. Manchmal fühle ich mich in der Früh wie ein Reptil, dass morgens erst einige Stunden in der Sonne liegen muss, damit sich das Blut erwärmt und schnellere Bewegungen möglich werden.
Frühstück muss heute nicht sein, lieber noch einen Kaffee und eine Zigarette. Danach packe ich meinen Kram zusammen und befestige alles wieder mit Spannseilen auf der Sitzbank der Enfield. Noch ein paar Fotos von den bepackten Enfields, eine herzliche und dankbare Verabschiedung und zu Dritt fahren wir Richtung Remscheid, um dort auf die B229 zu wechseln. Der Rückweg wird auf jeden Fall schöner als die Anfahrt, denn die B229 ist eine gut ausgebaut Bundesstraße, die vom bergischen Land durchs Sauerland führt. Ich kenne die Strecke und hinter Lüdenscheid setze ich mich an die Spitze und fahre noch eine kleine “Abkürzung”. Aber wirklich nur eine kleine, denn meine Mitfahrer haben es noch etwas weiter als ich: Osnabrück ist das Ziel. Gerne wäre ich noch durchs Hönnetal gebraust, aber ich lasse mich überzeugen auf der B229 zu bleiben, der Umweg über Menden und Werl wäre doch zu groß. Ich fahre noch ein Stück mit, weil es gerade so einen Spaß macht, aber in Arnsberg heißt es dann lebwohl, bis zum nächsten Mal und in einem großen Bogen fahre ich zurück nach Balve, um den Geburtstag meiner Mutter zu feiern.
In Balve angekommen muss ich erstmal duschen. Es ist schwülwarm, nein heiß, ein Gewitter liegt in der Luft und in der Lederkleidung erwärmt sich der Körper auf gefühlte 80 Grad. Die Stiefel stelle ich nach draußen, um meine Familie nicht mit dem Geruch zu belästigen. Dann hole ich noch meine Schwester mit der Enfield ab, weil ihr Auto streikt und wir haben einen schönen Nachmittag mit der ganzen Familie. Kurz bevor ich los muss, überrede ich meine Mutter dazu, mit mir noch eine Runde um den Block zu fahren. Natürlich erkläre ich ihr, wie sie sich als Sozia zu verhalten hat, speziell die Kurventechnik lege ich ihr nahe, doch sie kann nicht wiederstehen und in einer Kurve lehnt sie sich in die falsche Richtung, wohl um dem ungewohnten Gefühl der Schräglage entgegen zu wirken. In weiser Vorraussicht bin ich aber nur 30 Km/h gefahren und die Enfield ist ja generell so gutmütig zu fahren, dass es kein Problem ist. Meine Schwester ist da ganz anders. Die wusste sofort wo der Hase läuft. Auch wenn meine Mutter etwas ängstlich war, Spaß gemacht hat es ihr meinem Gefühl nach trotzdem. Und natürlich trug es zur allgemeinen Belustigung bei.
Bevor es anfängt zu gewittern, mache ich mich auf den Weg nach Dortmund und um sechs bin ich wieder Zuhause. Die Kontrolle des Ölmessstabs bestätigt dann noch meinen Umbau der Entlüftung: Kein Nivea mehr am Stab und das Nivea im oberen Bereich des Öltanks ist auch schon fast komplett verdampft. Und noch besser: Auf dem Kettenschutz finden sich auch keine Spuren von Nivea oder Öl, was bedeutet, dass aus dem Töpchen nicht mal etwas raussifft und die Umwelt versaut.
Zuhause gehe ich nochmal duschen, die Schwüle hat während der Fahrt noch zugenommen und als ich aus der Dusche steige bricht die Hölle los und es schüttet wie aus Eimern.
Als der Regen etwas abgeklungen ist, ziehe ich mir Jeans an, besteige die Yamaha und fahre nach Menden zu Steffi. Auf der Fahrt sehe ich dann, was die lokalen Gewitterunwetter angerichtet haben: Teilweise liegen Bäume auf der Straße, die Feuerwehren sind im Einsatz und die Straßen stehen an einigen Stellen unter Wasser. Was für ein Glück, dass ich nicht in dieses Chaos geraten bin.
Zusammen mit Steffi lasse ich den Abend ruhig ausklingen, mit der Sicherheit im Hinterkopf, dass ich die letzten drei Tage in schöner Erinnerung behalten werden. Das Treffen war wirklich top, vorallem, wenn ich bedenke, dass alles privat organisiert war. Ein dickes Lob an alle Beteiligten – besser ging es nicht. Es war toll einige Bekannte und auch einige unbekannte Gesichter zu sehen. Leidenschaften zu teilen ist eine der schönsten Sachen beim Motorradfahren.
Tja, am Freitag geht es auf’s Yamaha XJ Forentreffen. Mal sehen wie das wird, ich werde berichten… 🙂
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39 Kommentare
schrob am 27 Jun 2008 um 21:21
So jetzt aber,
ja ich bin die Fazer:-), liebe Grüße aus Solingen von Black und mir.
Nein wirklich, ich mag Black, aber er ist zu dick für mich und eine schlanke Enfield ist da schon schön, aber das schrauben… ja wer zeigt mir den so was, ansonsten bleibt die Sehnsucht.
Probefahrt werde ich machen und ich bring noch wen mit(hoho, tauchen immer im Rudel auf)
Viel Spass bei den Motorradtreffen und einen lieben Gruss da lassend.
Astrid& Black
Ach so, schöner Artikel, ich lese gerne in diesem Forum.
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]schrob am 29 Jun 2008 um 01:32
Hi Marc
Hast einen Respektvollen Artikel geschrieben Hut ab klasse.
Bis zum 13.Royal Enfield Jahrestreffen im Saarland.
Gruss aus dem schönen Hessenland
Dieter
[
]schrob am 03 Jul 2008 um 14:14
Hi Marc,
wunderbar beschrieben. Freut mich, das mein erstes Treffen so gefallen hat. Mir hat es Spaß gemacht, euch das bergische Land ein wenig zu präsentieren.
Hoffentlich für viele ein Anreiz, auch mal ein Treffen zu machen.
War ein stressiges, aber starkes Wochenende mit tollen Mopeds und noch tolleren Menschen darauf.
Gruss Sven
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]schrob am 09 Jul 2008 um 14:01
Immer wieder interessant zu lesen deine Artikel. Auch für mich als nicht Motoradfahrer. Bis Samstag.
Gruß
selle
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]schrob am 09 Jul 2008 um 15:38
Ach du kommst Samstag auch? Das ist ja cool! 🙂
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]schrob am 15 Jul 2008 um 22:34
who the fuck is steffi?
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]schrob am 16 Jul 2008 um 12:53
Meine Freundin.
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]schrob am 16 Jul 2008 um 22:06
… boah. .. soweit habe selbst ich gedacht …. markus deutete da unlängst beziehungstechnische veränderungen bei dir an …
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]schrob am 17 Jul 2008 um 14:52
Naja, nächstes Jahr Scheidung… vor zwei Tagen war übrigens mein erster Hochzeitstag. Das Leben ist wie Frühstücksfleisch: Du weißt nie was drin ist. 😉
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]schrob am 17 Jul 2008 um 22:05
…. freue mich schon auf Deine nächste Hochzeit…. der AusFLUG nach Dresden war sehr schön …
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]schrob am 24 Jul 2008 um 09:26
Das mit dem Heiraten lasse ich besser erstmal. Anscheinend bedeutet das heutzutage eh nichts mehr. Der Bund für’s Leben war es jedenfalls bei mir (von ihrer Seite aus) offensichtlich nicht. Schade ist es trotzdem, und schmerzvoll auch, aber das Leben geht eben weiter, auch nach so einer Kack Situation.
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]schrob am 28 Jul 2008 um 23:19
… geht’s meistens steil bergauf 😉
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