Ein echtes Retro Stück
Wer ein Anhänger der guten alten Zeit ist oder diese zumindest für besser gehalten hat als die heutige, der wird sich auf der Kawasaki W800 rundum wohlfühlen. Wüsste man es nicht besser, könnte man glauben, das es aus einem Museum für Motorräder geklaut wurde. Tatsächlich wird man dieses wahre Retro Modell aus dem Hause Kawasaki in mitteleuropäischen Landen kaum sichten können. Grund dafür ist das es ab dem Jahr 2016 in Europa keine Zulassung des TÜVs mehr erhalten hat, weil es der luftgekühlte Motor, der die Abgasnormen nicht erfüllte und das fehlende ABS das ab dem Jahr 2017 zwingend vorgeschrieben war, nicht besitzt. Ansonsten aber besitzt die Kawasaki W800 alles was das Herz eines Motorradfans, als diese noch Motorräder hießen und nicht Fun Bikes oder Roadster oder wie auch immer.
Englische Design Vorfahren
Wenn, man die Kawasaki W800 so das erste Mal vor sich stehen sieht kommen einem unwillkürlich die englischen Modelle BSA A7 und die Bonneville von Triumph in den Sinn. Und tatsächlich hat man sich gestattet diese beiden englischen Modelle, als Vorbild für herzunehmen. Unverkennbar sind die Charakteristiken, wie zum Beispiel die Speichen Räder, bei welchen das vordere einen 19 Zoll (ca. 48 cm) Durchmesser und das hintere einen 18 Zoll (ca. 46 cm) Durchmesser aufweist. Oder die verchromten Abgaskrümmer, welche dafür sorgten das man bei sportlichem Fahren durch die Kurven, noch richtige Abgaswolken hinter sich lassen durfte. Trotz der Tatsache das die beiden Auspuffe über einen g-Kat und ein Sekundärluftsystem, zwecks Nachverbrennung der Abgase verfügen, fanden es die hiesigen TÜV-Leute, die Kawasaki W800 für nicht mehr “fahr würdig”. Wenn man aber bedenkt das sogar die Nord- und Südamerikaner, als auch die afrikanischen Staaten sich weigerten das Bike zuzulassen, kommt man nicht umhin zuzugeben, das es irgendwie schon seine Richtigkeit mit den Bestimmungen hat.
Mehr Mechanik denn Technik
Das die Kawasaki W800 über einen Doppelschleifrahmen aus rundem Stahlrohr verfügt nimmt sich fast schon als gegeben an. So wurden eben Bikes die sich nicht als solche bezeichnen durften eben damals gebaut. Als Radaufhängung diente hinten eine Hinterrad-Schwinge mit zwei Federbeinen und Teleskop Beinen. Eine Besonderheit an diesem Motorrad, jawohl Motorrad, war, dass es bereits bei niedrigen Drehzahlen hohe Drehmomente erreichte. Ganz zu schweigen vom Nockenwellenantrieb und der Königswelle. Eine weitere Besonderheit, die man heutzutage umsonst suchen wird, liegt darin, das sich das Motorrad mit Normal als auch mit Superbenzin fahren ließ. Versucht das mit den heutigen! Seriell ausgestattet war aber auch die Kawasaki W800 mit einer Saugrohreinspritzung statt eines Vergasers.
Sicherheit und Stabilität
Das 19 Zoll Rad vorne und das 18 Zoll Rad hinten, gaben dem Motorrad eine erstaunlich gute Ausbalanciertheit. Bedingt durch die bereits angesprochene kraftvolle Leistung, welche sich bereits bei niedrigen Drehzahlen bemerkbar machte, war die Kawasaki W800 eines jener Motorräder die mit zu den begehrtesten seiner Zeit gehörten. Wobei zu sagen ist, großes Rad hinten, großes Rad vorne hin und her, wenn man mit dem Bike zu schnell in die Kurve ging, konnte es schon mal passieren das sich die etwas zu niedrig angesetzten Fußrasten im Beton verfingen und man dadurch die Kurve viel enger nahm als beabsichtigt. In Bezug auf den Sitz muss gesagt werden, das dieser noch, sozusagen aus einem Guss war und in der Hauptsache mit Schaumstoff gefüllt war. Eben echt Retro.
Alles in allem kann man die Kawasaki W800 heute als reines Museumsstück betrachten. Dies aber keinesfalls im negativen Sinne. Die beabsichtigte englische Konstruktions- und Designkonzeption machten es zur damaligen Zeit zu einem den flinken und attraktivsten Motorräder überhaupt. Tatsache aber ist, dass es den damals rasant einsetzenden Standards, den immer schnelleren Produktinnovationen und damit den Käufererwartungen nicht mehr entsprechen konnte. Wer aber das Glück hat eine solche, vielleicht bei dem einen oder anderen Englandbesuch zu finden, könnte sich mit dem Gedanken tragen das hübsche Stück zu importieren und es umzurüsten. Bleibt nur noch die Frage, ob es dann noch eine Kawasaki W800 wäre!
Technische Daten
- Hubraum: 773 cm³
- Leistung: 35kW / 48 bei 6500 Umdrehungen/min
- Drehmoment: NM/ bei 60 bei 2500 Umdrehungen/min
- Höchstgeschwindigkeit: 170 km/h
- Getriebe: 5-Gang
- Antrieb: Kette
- Bremsen vorne: Scheibenbremse
- hinten: Trommelbremse
- Radstand: 1465 mm
- Maße: 2190 × 790 × 1075
- Sitzhöhe: 790 mm
- Gewicht mit vollem Tank: 217 Kilogramm