Da ich gestern zum ersten Mal das Vergnügen hatte bei meiner Enfield Bullet den Gasbowdenzug zu wechseln, hier nun eine kleine Anleitung für Schrauber-Anfänger – zu denen ich mich selbst übrigens auch zähle.
Die Anleitung ist natürlich nicht nur für die Enfields geeignet, sondern für alle klassischen Eintöpfe, also wer keine Lust hat für so eine Reparatur in die Werkstatt zu fahren, der sollte es einfach mal selbst versuchen. Es ist nicht sonderlich schwierig und Schrauben macht Spaß, man sollte nur mit kleinen Dingen anfangen. 🙂
Benötigtes Werkzeug
- Zwei 14ner Maulschlüssel (oder was du halt bei deinem Krad brauchst, um den Tank los zu schrauben)
- Kreuzschlitzschraubendreher
- Kleiner Schlitzschraubendreher
- Zwei linke Hände 😉
Benötigtes Material
Einen neuen Gasbowdenzug passend für dein Motorrad und Fett bzw. Schmieröl.
Arbeitsschritte
- Gasgriffamatur (Beschreibung für MINDA Amaturen) auseinanderbauen
- Gasgriff abbauen
- Hintere Befestigung des Tanks lösen
- Tank hinten ein wenig nach oben heben
- Vergaserkappe aufschrauben
- Nadelschieber ausbauen
- Alten Gaszug entfernen
- Neuen Gaszug verlegen
- Gaszug in den Nadelschieber einhängen
- Nadelschieber in Vergaser einsetzen
- Gasgriffamatur zusammenbauen und Bowdenzug am Gasgriff einhängen
- Funktion testen
1. Gasgriffamatur (Beschreibung für MINDA Amaturen) auseinanderbauen
Die MINDA Amaturen sind sehr schnell auseinandergebaut, es müssen lediglich 2 Schrauben gelöst werden, die allerdings nur von unten erreichbar sind. Die erste Schraube unter dem Killschalter, die zweite Schraube unter dem E-Start Schalter (wenn vorhanden). Wenn beide Schrauben gelöst sind, lässt sich die Amatur “aufklappen” und du kannst den Gasgriff einfach vom Lenker abziehen.
2. Gasgriff abbauen
Also runter mit dem Gasgriff und weg mit dem alten Nippel des Bowdenzugs, der noch in dem dafür vorgesehenen Loch eingehängt sein sollte. Den Lötnippel vorsichtig mit dem kleinen Schlitzschraubendreher rausdrücken. Wenn er nicht leicht rausgeht, dann den Nippel mit dem Schraubendreher so drehen, dass der Rest des Zuges nach oben zeigt, denn nur dort ist das Loch ja geöffnet, so das man den Zug ein und aushängen kann.
3. Hintere Befestigung des Tanks lösen
Der Tank ist vorne und hinten in der Regel mit zwei Steckachsen befestigt. Bei meiner Bullet Sixty-5 sitzt auf den Enden der Steckachsen jeweils eine 14ner Mutter. Die hintere Steckachse muss entfernt werden, damit wir den Tank hinten ein wenig anheben können, da sonst der Vergaserdeckel nicht abgeschraubt werden kann, weil der Abstand nach oben zum Tank zu gering ist. Also fix losgeschraubt und die Steckachse gezogen.
Wenn du den Vergaserdeckel abschrauben und das Vergaserinnenleben anheben kannst, ohne das der Tank im Weg ist, um so besser. Dann kannst du dir Schritt 4 nämlich sparen.
4. Tank hinten ein wenig nach oben heben
Jetzt also den Tank hinten vorsichtig ein wenig anheben. Die Sitzbank (wenn vorhanden) überlappt den Tank ja ein wenig, also kann man Tank mit Gefühl nach oben ziehen und dann auf die Sitzbank legen, bzw die Position des Tank mit der Sitzbank fixieren. Jetzt haben wir endlich genug Platz um ohne Probleme den Vergaserdeckel aufschrauben zu können, um den Bowdenzug samt Schieber zu “bergen”.
Sollte der Platz immer noch nicht reichen, hilft nur eins: Der Tank muss runter. Also Benzinschlauch vom Vergaser abziehen (Benzinhahn vorher schließen!!!), die vordere Steckachse ebenfalls entfernen und den Tank abnehmen.
5. Vergaserkappe aufschrauben
Gegen den Uhrzeigersinn nun den Vergaserdeckel aufschrauben und nach oben ziehen. Jetzt siehst du den Gasbowdenzug der in das innere des Vergasers führt und eine Feder. An dem Gasbowdenzug hängt der Nadelschieber des Vergasers. Die Feder sorgt dafür, dass der Nadelschieber auch wieder nach unten geht, wenn du den Gasgriff loslässt.
6. Nadelschieber ausbauen
Jetzt vorsichtig am freigelegten Bowdenzug ziehen, dann erscheint auch schon der Nadelschieber. Diesen dann ganz rausziehen, dann sieht man auch schon die Schiebernadel (oder auch Vergasernadel). Dann den Nadelschieber weiter nach oben ziehen, bis man diesen samt Nadel entnehmen kann. Du solltest jetzt folgende Teile in der Hand haben: Nadelschieber mit Nadel, dann kommt der alte Gasbowdenzug, an dem der Schieber hängt, dann kommt eine Feder und dann der Vergaserdeckel. Wichtig: Vergaserteile sollten niemals mit Dreck in Berührung kommen. Schmutz und Vergaser hassen sich nämlich wie Gott und der Teufel. 😉
7. Alten Gaszug entfernen
Wenn du von oben in den Nadelschieber reinschaust, dann siehst du, dass der Gaszug seitlich aus dem Boden des Nadelschiebers herauskommt. Am Boden des Nadelschiebers ist ein kleines Metallplättchen, dass zur Sicherung des Lötnippels des Gaszugs dient – je nach Vergaser kann es natürlich sein, dass der Lötnippel vom Zug auch ohne sicherndes Plättchen eingehängt werden kann. Wenn das Plättchen vorhanden ist, musst du dieses nun vorsichtig entfernen. Dazu einfach den Nadelschieber umdrehen, so dass es dir in die offene Hand (und nicht in den Dreck) fällt, oder einfach vorsichtig mit dem Finger oder mit dem Schraubendreher nachhelfen. Ist das Plättchen entfernt, kannst du das Ende des Gasbowdenzugs zur Mitte des Nadelschieberbodens führen und entnehmen. Nun hast du den Nadelschieber einzeln in der Hand und kannst auch die Feder und die Vergaserkappe vom Bowdenzug trennen. Alle Einzelteile gut weglegen – z.B. auf ein Tuch, auf jeden Fall dahin wo es nicht staubig und schmutzig ist. Dann kannst du den alten Gasbowdenzug samt Mantel in der Regel einfach rausziehen. Vorher aber besser noch mal schauen, wie der alte Zug verlegt war, denn jetzt geht es daran, den neuen Zug zu verlegen.
8. Neuen Gaszug verlegen
Bei mir läuft das so: Ich führe den Gaszug am oberen Rahmenrohr, also unter dem Tank her, linksseitig vorbei, bis das Ende des Gaszugs in der Nähe des Lenkkopfs erscheint. Wichtig: Der große Lötnippel am Zug kommt an den Gasgriff, der kleine Lötnippel an den Nadelschieber. Dann schiebe ich den neuen Zug vor dem Lenkkopflager, also zwischen Lampe und Lenkkopf, weiter Richtung Gasgriff bis das Ende die ungefähre Endposition erreicht hat. Der neue Gaszug ist damit verlegt.
Das variiert natürlich von Motorrad zu Motorrad – wie oben schon gesagt: Einfach schauen wie der alte Zug verlegt ist und den neuen einfach auch so verlegen.
9. Gaszug in den Nadelschieber einhängen
Nun muss der neue Bowdenzug wieder in den Nadelschieber eingehängt werden. Also erstmal die Vergaserkappe wieder auf den Zug schieben, dann die Feder. Jetzt brauchst du etwas Fingergeschick, aber eigentlich geht es ganz gut, da die Vergaserteile alle recht groß sind. Bei kleineren Vergasern ist das viel friemeliger: Nimm den Nadelschieber in die linke Hand. Drücke mit zwei Fingern der rechten Hand nun die Feder ganz in den Vergaserdeckel. Nun mit der Linken Hand am Lötnippel des Bowdenzugs ziehen, so dass er soweit wie möglich raussteht. Jetzt den Lötnippel in die Lötnippelaufnahme in der Mitte des Bodens des Nadelschiebers einführen und dann leicht nach außen ziehen. Da ist so ein kleiner Kanal wo der Lötnippel dann leicht einrastet. Jetzt mit der rechten Hand ein wenig Fingerakrobatik ausüben, und Nadelschieber nach unten drücken, während man gleichzeitig noch die Feder und den Deckel sichert. Dadurch wird nämlich die linke Hand frei, um das Plättchen, das den Gaszug sicher wieder in den Nadelschieber einzusetzen. Das sichelförmige Plättchen hat an zwei Stellen kleine Vorsprünge, von denen eines nach oben und eines nach unten gebogen ist. Das Plättchen muss so eingesetzt werden, dass der Vorsprung, der nach unten gebogen ist in Richtung des Gaszugs zeigt. Am Boden des Nadelschiebers ist dafür eine Einkerbung, so dass unser Plättchen dort einrasten kann. Wenn das Plättchen eingesetzt ist, einfach vorsichtig die Feder freigeben, so dass die Feder das Plättchen festdrückt und der Gaszug nicht mehr rausrutschen kann. Damit ist der schwierigste Teil geschafft.
10. Nadelschieber in Vergaser einsetzen
Nun muss der Nadelschieber wieder in den Vergaser eingesetzt werden. Während des Einsetzens solltest du beachten, den Deckel des Vergasers ein wenig nach unten zu drücken, damit die Feder genug Druck aufbauen kann, um das Plättchen zu sichern, sonst kann es passieren, dass sich der Gaszug wieder löst und Schritt 9 wiederholt werden muss. Der Nadelschieber hat an einer Seite eine Einfräsung/Führungsschiene von oben nach unten. Im Inneren des Vergasers ist an einer Stelle eine entsprechende Nut, so dass der Nadelschieber nur in einer Position eingebaut werden kann. In der Regel ist es so: Wenn du von der rechten Seite des Motorrads auf den Vergaser schaust, dann muss die Führungsschiene des Nadelschiebers genau zu dir zeigen, also wenn du direkt draufschaust, dann sollte es passen. Zur Not einfach mal den (sauberen!) Finger in den Vergaser stecken und fühlen. Die Nut lässt sich sehr deutlich ertasten. Also nun den Nadelschieber nehmen, die Führungsschiene entsprechend ausrichten und in den Vergaser einsetzen. Dabei wie oben schon beschrieben mit einer Hand ein wenig auf den Vergaserdeckel drücken, damit die Feder genug Spannung aufbaut. Wenn der Nadelschieber ohne Probleme und Wiederstand gänzlich im Vergaserinneren verschwunden ist, dann einfach nur noch den Vergaserdeckel ganz runterdrücken und wieder auf den Vergaser schrauben. Nun kannst du am oberen Ende des Gasbowdenzugs schon mal ziehen und die Funktion des Nadelschiebers überprüfen. Der Zug sollte sich ca. 3 cm ziehen lassen – je nach Vergasergröße – bevor der Schieberanschlag erreicht ist, dann dürfte es passen.
11. Gasgriffamatur zusammenbauen und Bowdenzug am Gasgriff einhängen
Nun muss der Zug natürlich noch oben am Gasgriff wieder eingehängt werden. Dazu einfach die Gasgriffamatur wieder in der ungefähren Endposition auf den Lenker legen und den Gaszug von unten in das entsprechende Loch einführen. Nun den Gasgriff wieder auf das Lenkerende aufschieben, bis die Führung des Gaszugs wieder in der Gasgriffamatur ist. Jetzt mit ein wenig Gefummel den Lötnippel in das Loch in der Führungsschiene am Gasgriff drücken, so dass der Zug in der Führungsschiene sitzt. Dann noch die Gasgriffamatur in der Endposition zusammendrücken und die zwei Schrauben wieder einschrauben, um die Amatur zu verschließen.
Wichtig: Der Lötnippel muss sich in dem dafür vorgesehen Loch des Gasgriffs leicht drehen können. Deswegen sollte der Lötnippel vor dem Einhängen unbedingt geschmiert werden. Am Besten dafür geeignet ist Fett, oder ein nicht zu leichtes Schmieröl. Wenn der Lötnippel sich nicht leicht drehen kann, kommt es beim Gasgeben zum Abknicken des Zuges, wodurch die Züge oft reißen. Jedenfalls ist das bei unseren Bullets so, es gilt also auch hier der Spruch: “Mit’m Öl nicht sparsam sein!”
Und das der Zug regelmäßig geölt werden will, ist ja selbstverständlich…
12. Funktion testen
Ermstal ein wenig am Gasgriff drehen. Dreht alles wie früher? Wenn ja, dann gut, wenn nein, dann hängt vielleicht der Vergaserschieber doch irgendwie falsch, in dem Fall nochmal prüfen. Ansonsten: Ankicken/Anlassen, und dabei in Reichweite des Killschalters sein, man kann schließlich nie wissen. Wenn das Mopped ohne Probleme läuft: Draufsetzen und erstmal eine Runde drehen. Viel Spaß! 🙂
Ich hoffe ich konnte damit ein wenig helfen. Bei mir hat der Gasbowdenzugwechsel jedenfalls gestern genau so ohne Probleme funktioniert, aber garantieren kann ich für nichts. Wie gesagt: Im Bereich Technik bin ich selbst Anfänger. Und wie es bei Motoren mit Vergaserbänken geht… keine Ahnung, das ist “nicht meine Baustelle”.
Ein Tipp noch: Es gibt auch (z.B. bei Louis) Universalreparatur Sätze für Bowdenzüge. Der Einbau ist ähnlich wie oben beschrieben, nur dass der Mantel des alten Zugs nicht entfernt wird. Der alte Zug wird einfach aus dem Mantel gezogen und durch einen frischen Zug aus dem Reparaturset ersetzt.
Bei den Sets sind dann verschiedenste Schraubnippel (für den Gasgriff) dabei. Falls der kleine Nippel unten am Zug nicht in den Vergaser passt, kann man den Nippel aber auch ein wenig mit dem Taschenmesser bearbeiten bis er passt.
Für den Notfall ist es sicherlich nicht verkehrt entweder ein Reparaturset, oder gleich einen neuen Bowdenzug dabei zu haben.
6 Leute haben was dazu gesagt und 6587 haben das bereits gelesen.
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Erste Erfahrung mit einem “Bowdenzugreparaturset”,
8 Kommentare -
Das Werkzeug das gebraucht wird, liegt immer in der Garage,
8 Kommentare -
Wenn der Vergaser es nicht mehr halten kann…,
10 Kommentare
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2 Kommentare -
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7 Kommentare -
Heute markiere ich mir rot im Kalender…,
10 Kommentare
schrob am 25 Mai 2006 um 08:09
wow, netter Blog !!
Danke für die tollen Informationen !
Liebäugle derzeit auch mit der “Anschaffung” einer Enfield, bin mir aber über viele Fragen noch unsicher…
komme bestimmt hier nochmal vorbei !
Gruß
Chris
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]schrob am 27 Mai 2006 um 18:17
Hallo Chris,
Fragen kannst du im Enfield Forum loswerden, wenn du das nicht schon bereits getan hast. Den Link zum Forum findest du hier im Blog auf der rechten Seite.
Ich kann übrigens schonmal eines sagen: Zweifele nicht – Enfield ist einfach das geilste! 🙂
Nicht schnell, aber schön. Und schön laut. Und günstig. Ein echtes “Alteisen Alltagsmotorrad”!
Gruß,
Marc
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]schrob am 26 Jun 2007 um 21:08
Ist ja alles toll aber wie geht des beim Roller
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]schrob am 21 Sep 2007 um 12:10
beim Roller zb. Vespa 50N ist das ein Krampf… Lass auf jeden Fall die Hülle drinn wenn es geht. Oder wechsel wenn dann gleich alle Züge. 😉 Dann hast du erstmal Ruhe.
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]schrob am 18 Aug 2011 um 22:17
vielen dank fuer diesen beitrag.
liebe gruesse
marco
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